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5 Fragen an Sarah Dionisius vom rubicon

Info zur Person:  Sarah Dionisius, 31 Jahre alt, Politikwissenschaftlerin*, Systemische Beraterin*, Queer_Feministin* und Teil einer Wahlfamilie

 

Beschreibe bitte kurz, in welchem Rahmen du dich für Regenbogenfamilien engagierst.

Ich bin seit 2 Jahren bei rubicon e.V. in Köln für den Arbeitsbereich Regenbogenfamilien zuständig. Im Rahmen meiner Stelle berate ich Regenbogenfamilien und alle, die es werden wollen, biete Fort- und Weiterbildungen für familienbezogene Fachkräfte zum Thema LSBTIQ mit Kindern an und unterstütze die bunte Kölner Regenbogenfamilien-Community und ihre Gruppenangebote.

Was ist deine Motivation dich für Regenbogenfamilien zu engagieren?

Mein eigenes Outing als lesbisch/queer begehrend ist die Erfahrung, in der meine Motivation gründet. Überall begegnete mir der Satz „Lesbisch? Aber dann wirst du ja niemals Kinder haben!“ Von dieser Aussage war ich damals irritiert und hielt dagegen, dass das sehr wohl ginge. Meist führte ich Tina und Bette aus der Serie The L Word als Gegenbeweis an – weitere Vorbilder gab es damals in meiner Umgebung nicht. Inzwischen sind einige Jahre vergangen und mit der wachsenden Zahl der Regenbogenfamilien in Deutschland nimmt auch die Selbstverständlichkeit dessen zu, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter* und queere Menschen mit Kindern leben. Doch es gibt noch einiges zu tun. Die Kernfamilie als Norm und Ideal ist in vielen Köpfen präsent, nach wie vor erfahren LSBTIQ mit Kindern verschiedene Formen der Diskriminierung und werden unsichtbar gemacht. Das macht mich jeden Tag aufs Neue nachdenklich, wütend und treibt mich an, mich für Regenbogenfamilien einzusetzen.

Was sind aktuell die wichtigsten Themen in eurer Gruppe/bei eurem Angebot?

Besonders gefragt sind Beratungen zum Thema der Verwirklichung des Kinderwunsches und zur rechtlichen Absicherung der Elternschaft. Der Weg zum Kind ist in Deutschland nach wie unnötig schwierig, etwa was den Zugang zur Reproduktionsmedizin betrifft. Auf der rechtlichen Ebene bewegt aktuell viele, dass auch nach der Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare noch ein Stiefkindadoptionsverfahren nötig ist, damit eine lesbische Co-Mutter rechtlicher Elternteil ist. Dass maximal zwei Eltern rechtlich anerkannt werden können, ist ebenfalls eine Belastung. Elternschaft muss aufgrund der defizitären rechtlichen Rahmenbedingungen von den Klient*innen kreativ ausgehandelt und über gegenseitiges Vertrauen abgesichert werden. Diese Prozesse begleiten wir.

Was macht Köln zu einer lebenswerten Stadt für Regenbogenfamilien?

Ich bin nach wie vor beeindruckt vom ehrenamtlichen Engagement aus der Regenbogenfamilien-Community selbst – sei es im Rahmen der Organisation von Gruppenangeboten oder Events. Diese Möglichkeiten der Vernetzung stärken Eltern und Kinder gleichermaßen! Auch die Stadt Köln ist sehr engagiert, etwa in Form der Finanzierung der Regenbogenfamilienarbeit im rubicon. Ich bin gespannt, welche weiteren Unterstützungsmaßnahmen für Regenbogenfamilien sich im Rahmen des „Aktionsplans LSBTI“ umsetzen lassen werden.

Was muss sich deiner Meinung nach gesellschaftlich und politisch bewegen, damit Regenbogenfamilien gleichgestellt sind?

Die drängendste Änderung ist meiner Meinung nach die Reform des Abstammungsrechts, so dass lesbische, verheiratete Paare, die ein gemeinsames Kind bekommen, kein Stiefkindadoptionsverfahren mehr absolvieren müssen. Ansonsten erlebe ich die kulturell und rechtlich verankerte Vorstellung der Zweigeschlechtlichkeit als großes Hindernis. Eine Gleichstellung reicht mir also nicht. Um Politik für alle Regenbogenfamilien zu machen, müsste dringend anerkannt werden, dass es nicht nur Frauen und Männer und somit auch nicht nur Mütter und Väter gibt. Das ist keine Identitätsspielerei, hier geht es um das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung und die Menschenwürde. Das Bundesverfassungsgericht hat hier gerade eine wegweisende Entscheidung getroffen und fordert einen dritten Geschlechtseintrag im Personenstandsrecht. Es gilt, die Bilder in den Köpfen vielfältiger zu machen und diese in rechtlichen Strukturen zu verankern, um verschiedene Formen von Familie zu ermöglichen: Von Mama-Papa-Kind-Konstellationen über schwule und lesbische Paare mit Kindern bis hin zu queeren Wahlfamilien mit und ohne Kinder oder Mehrelternmodellen mit MuPas, Sponkels und Tantonkels.

Wenn du drei Wünsche offen hättest, was würdest du dir für Regenbogenfamilien (in Köln) wünschen?

  1. Ein großes Regenbogenfamilienzentrum mit Spielplatz und Café, das noch mehr Begegnung und Austausch ermöglicht.
  2. Dass Regenbogenfamilien in allen Ämtern, Beratungsstellen, Kitas, Schulen und Freizeitangeboten mitgedacht und adressiert werden.
  3.  Den Mut, Alternativen zu leben – sowohl gesamtgesellschaftlich als auch innerhalb der Community!

Regenbogenfamilien Köln dankt Sarah Dionius für ihr Mitmachen!


Das rubicon: Beratung, Vernetzung und Fortbildung für Regenbogenfamilien

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