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Warum wir dringend neue Freund*innen brauchen

Falls irgendjemand aus unserem bestehenden Freundeskreis diesen Artikel liest: Keine Sorge, ihr seid super und wir wollen euch unbedingt behalten. Wir müssen unseren Freundeskreis nur etwas erweitern, denn leider seid ihr keine Regenbogenfamilie und/oder wohnt zu weit weg. 

Da fehlt doch etwas

Ich bin überzeugt, dass es unser Sohn nicht schlechter getroffen hat als andere Kinder, nur weil er mit zwei Mamas aufwächst. Wir sind ein tolles Team und haben beide eine gleichwertige, tiefe Bindung zu unserem Kind. Klar, er weiß, dass er bei der einen Mama bessere Chancen hat, wenn er noch etwas mehr fernsehen möchte. Er weiß, zu wem er mit Bastelanfragen geht und welche von uns gerade offener ist für gemeinsamen Quatsch. Er weiß auch, dass er bei einer von uns im Bauch gewachsen ist, bei der anderen nicht. Und er weiß, wie er da hineingekommen ist. Das haben wir immer offen und altersgerecht mit ihm besprochen. Das ist ihm Alltag allerdings herzlich egal. 

Ich würde nun gerne schreiben, dass es ihm – nur weil er Teil einer Regenbogenfamilie ist – an nichts fehlt. Aber das stimmt nicht. Da fehlt doch etwas. 

Auf der Suche nach dem, was alle haben

In letzter Zeit ist „Papa“ eines der liebsten Worte unseres Sohnes. Da er keine Vaterfigur in seinem Leben hat, an die er diesen Titel vergeben hat, wird eben alles zum Papa, was sich anbietet. Je nach Lust und Laune erklärt er, dass sein Opa sein Papa ist, kürt eines seiner Kuscheltiere zum Papa oder begrüßt den Kindergarten-Koch mit Papa. Auch unser Auto wurde schon sehr freudig mit den Worten „Mein Papa!“ umarmt. 

Da wir uns, wie oben beschrieben, unserer Beziehung zu unserem Sohn sehr sicher sind, finden wir dieses Verhalten nicht wirklich schlimm. Trotzdem habe ich mich gefragt, warum er sich so häufig Personen oder Dinge sucht, die er als Papa bezeichnen kann? 

Nach einigen Gesprächen mit meinem Sohn, mit meiner Frau und ganz vielen eigenen Gedanken möchte ich mich an einer Theorie versuchen:

Ich glaube, unserem Sohn fehlen andere Regenbogenfamilien in seinem Alltagsumfeld. Weder in unserem Freundeskreis, noch in seinem Kindergarten oder in unserer Nachbarschaft gibt es andere Kinder mit zwei Müttern, zwei Vätern oder anderen Konstellationen abseits der Vater-Mutter-Kind-Norm. Es gibt zwar einige getrennt lebende Eltern, aber auch da sind sowohl Mama als auch Papa immer in irgendeiner Form im Alltag der Kinder präsent.

Unser Sohn nimmt also wahr, dass jedes andere Kind in seinem Umfeld einen Papa hat. Nur er nicht. 

Vor Kurzem hat ein befreundetes Frauenpaar ein Baby bekommen. Wir haben mit den beiden kurz nach der Geburt per Videotelefonie gesprochen, um das kleine Menschlein Corona-konform kennenzulernen. Mitten im Gespräch breitete sich auf dem Gesicht unseres Sohnes plötzlich ein riesiges Strahlen aus als er feststellte: „Das Baby hat ja auch zwei Mamas!“. Ich bin mir sehr sicher, dass unser Sohn nicht so angestrengt versuchen würde, eine Papa-Figur in sein Leben zu integrieren, wenn er zumindest ab und an sehen würde, dass andere Kinder auch zwei Mamas haben. Oder vielleicht zwei Papas. Oder nur eine Mama. Oder zwei Mamas und einen Papa.

Mehr Diversität im Alltag

Wir geben uns zwar große Mühe, sein Bücherregal mit Diversität zu füllen, aber in den meisten Geschichten kommen eben doch Mama und Papa vor. In allen Kinderserien und Filmen, in Der Sendung mit der Maus und in fast allen Hörbüchern – wenn Eltern vorkommen, dann sind es Mama und Papa. Und ganz oft ist es dann auch noch der Papa, der lustige Ideen hat, Regeln auch mal ignoriert und für jedes Abenteuer zu haben ist. Kein Wunder, dass man sowas Tolles, was alle anderen haben, auch haben möchte. Da kann ich unseren Sohn gut verstehen, ohne es persönlich zu nehmen. 

Wenn er vom Koch bis zum Auto alles als Papa betitelt, dann mache ich mir keine Sorgen um unsere Familie oder die Beziehung von uns beiden Mamas zu unserem Sohn. Blöd ist es trotzdem. Denn ihm fehlt etwas. Ich denke nicht, dass es tatsächlich ein Papa ist. Vielmehr sind es andere Familien, in denen er sich wiedererkennen kann. 

Wir können nicht beeinflussen, mit wem er auf die Schule geht oder wer in die Wohnung nebenan einzieht. Aber wir können – zumindest ein Stück weit – beeinflussen, mit wem wir unsere Freizeit verbringen. Deswegen begeben wir uns auf Freund*innensuche. Vielleicht nicht morgen oder nächste Woche, denn eine Pandemie ist nicht beste Zeit, um neue Leute kennenzulernen. Aber sobald es geht. Es muss in Köln doch noch irgendwo die ein oder andere Regenbogenfamilie geben. 

Was haltet ihr von meiner Theorie? Klingt sie plausibel oder habt ihr vielleicht ganz andere Erfahrungen mit ähnlichen Situationen gemacht?

geschrieben von Alex Schmidt


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Kommentare: 4
  • #1

    Chrissi (Mittwoch, 21 April 2021 22:29)

    Hallo Alex, uns geht es genauso wie euch. Gerade in der Corona-Zeit ist das Kennenlernen von neuen Bekanntschaften sehr erschwert. Wir würden uns für unseren Sohn ebenfalls andere Regenbogenfamilien wünschen. Gerne würden wir euch kennenlernen. Wir wohnen im Umfeld von Köln. Wie können wir mit euch Kontakt aufnehmen? Lg Chrissi

  • #2

    Sandra (Donnerstag, 22 April 2021 09:03)

    Wir sind zwar die nächsten paar Monate auf Elternzeitreise, weil unser kleines Mädchen erst 6 Monate alt ist, aber ab Oktober sind wir wieder zurück in Köln. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass wir ggf. weitere Begehrlichkeiten beim kleinen Mann wecken. Denn wir haben den niedlichsten kleinen Pudel der Welt. Ganz sicher. �

  • #3

    Teresa (Donnerstag, 22 April 2021 09:07)

    Köln ist voller netter Regenbogenfamilien :) Kommentiere doch mal selbst den Facebook link, dann können andere Kontakt zu Dir aufnehmen �

  • #4

    Alex (Donnerstag, 22 April 2021 10:00)

    Ihr seid ja herzallerliebst :) Vielen Dank für eure Kommentare!

    Ihr könnt mich sehr gerne via Instagram (https://www.instagram.com/tinyadventures_de/) oder Facebook (https://www.facebook.com/alexandra.franckh/) kontaktieren. Ich freue mich sehr über Austausch mit Eltern, Kindern und Pudeln :)

    Liebe Grüße
    Alex